Bei Sonnenschein, wolkenlosem Himmel und spätsommerlichen Temperaturen stand am vergangen Sonntag (16.09.2007) der vierte Start eines Stratosphären-Ballons mit Amateurfunk-Nutzlast des Ortsverbands P56 Taubertal-Mitte im Deutschen Amateur-Radio-Club e.V., DARC, auf dem Programm. Nach dem erfolgreichen Start auf der 50. UKW-Tagung im Jahr 2005, waren wir auch in diesem Jahr Gäste auf dem Gelände des OV Weinheim (A20) am Tagungs-Sonntag.
Die Vorbereitungen begannen bereits am frühen Sonntagmorgen mit dem Aufbau der Bodenstation und der Antennen. Anschließend musste die einwandfreie Funktionalität der Nutzlast festgestellt werden. An Bord des unbemannten Stratosphärenballons befanden sich wieder diverse Messvorrichtungen für Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchte, sowie Beschleunigungssensoren und GPS-Empfänger.
Nach Füllung der Ballonhülle und Startfreigabe durch die Deutsche Flugsicherung in Frankfurt hieß es um 11:29 MESZ Leinen los. Das Gespann aus Ballon, Fallschirm, Radarreflektor und zuletzt der Nutzlast selbst, begann unter der Beobachtung von den etwa 200 Zuschauern vor Ort, darunter nicht nur Funkamateure, rasch aufzusteigen. Zum Einsatz kam dieses Jahr eine gegenüber 2005 erweitere und verbesserte Version des P56-SSTV-Ballons.
Neu an Bord war ein elektronischer Kompass, der fünf Mal pro Sekunde die Ausrichtung der Ballonkamera gemessen und das Ergebnis auf den Bildern eingeblendet hat. Die Werte der Beschleunigungssensoren wurden kontinuierlich mitgeschrieben, um besonders die Ereignisse kurz nach dem Platzen des Ballons besser nachvollziehen zu können. Wegen der dünnen Luft befindet sich die Box nämlich zunächst im freien Fall, bevor der Fallschirm bremsend eingreift.
Ein weiteres Highlight war die noch kurzfristige integrierte zweite Digitalkamera. Auf die Horizontale ausgerichtet konnten wir dank der 8 Megapixel erstmals auch hochauflösende Bilder speichern. Hierbei geht unser besonderer Dank an die Firma Ansmann Energy GmbH, die uns spontan einen ausreichend starken Batteriepack zur Verfügung gestellt hat. Ohne ihn wäre es nicht möglich gewesen, während des gesamten Fluges im Minutentakt eindrucksvolle Bilder von der Erdoberfläche und des Weltalls zu machen.
Der Steuerrechner des 70cm-Senders auf 433,400 MHz hatte eine deutlich verbesserte PR-Ausgabe bekommen. Er wurde dieses Mal unabhängig betrieben und verfügte über einen eigenen GPS-Empfänger. Alle 15 Sekunden wurden Positionsdaten als NMEA- und APRS-Pakete über eine Turn-Style-Antenne ausgesendet. Der 2m-Sender auf 145,200 MHz übertrug wie gewohnt auch Bild- und Sprachausgaben. Neue Packet-Radio-Datenpakete erlaubten das automatische Auswerten wichtiger Messwerte wie Wetterdaten oder Batterieparameter bei den Bodenstationen.
Ein neuer Servomotor wog nicht nur Hälfte seines Vorgängers, sondern erlaubte auch einen ganz neuen Blickwinkel der Ballon-Kamera. Neben Bildern nach unten auf den Boden und in die Horizontale für die Erdkrümmung waren nun auch Bilder nach oben zum Ballon hin möglich. Hierdurch konnte die Ausdehnung der Ballonhülle mit steigender Höhe beobachtet werden.
Und diese neuen Bilder sollten auch bald eine große Rolle spielen. Als der Ballon um 13:07 MESZ nach einer maximalen Flughöhe von 26439 Metern über JN49PJ begann wieder fallende Höhendaten auszusenden, glaubten zunächst alle, die Ballonhülle sei bereits geplatzt. Doch der erwartete freie Fall um einige tausend Meter innerhalb weniger Minuten blieb aus. Stattdessen wurden für die ersten 10000 Meter Abstieg über 40 Minuten benötigt. In der Bodenstation kam unterdessen der Verdacht auf, dass die Ballonhülle gar nicht vollständig geplatzt, sondern eventuell nur beschädigt wurde. Als um 13:27 MESZ ein Bild aus 21500 Metern empfangen wurde, das in der Tat eine noch intakte Ballonhülle zeigte, wurde dieser Verdacht bestätigt. Erste Untersuchungen am Abend deuten darauf hin, dass die Ursache bereits vor dem Start zu suchen ist. Mit zunehmender Höhe nimmt die Ausdehnung der Ballonhülle immer weiter zu. Hierdurch wird sie immer dünner und empfindlicher. Zur Füllung des Ballons mit Ballongas wurde vermutlich der Einfüllstutzen so in die Hülle eingeführt, dass er immer stärker in die immer dünnere Hülle drückte. Durch den entstandenen Riss entwich dann immer mehr Gas und das Gespann begann zu sinken.
Am Boden mussten nun alle Vorhersagen über den möglichen Landeort verworfen werden. In Absprache mit den beiden OV-eigenen Jägerteams musste zunächst die Flugdauer neu berechnet werden. Zu dieser Zeit sank der Ballon in 5 Minuten nur um 1 Kilometer. Bis zur Landung würden also noch über 60 Minuten vergehen. Am Sendeschema des 2m-Senders musste nicht verändert werden. Die Batterien boten ausreichend Reserven.
Während des langsamen Abstiegs steuerte der Ballon immer zielstrebiger auf das Autobahnkreuz A6/A7 bei Crailsheim zu. Am Startplatz verfolgten die Zuschauer das Geschehen gespannt im Zelt der Bodenstation. Diese berichtete gleichzeitig auch über den neuen Live-Auftritt und Echolink im Internet. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die OMs DF1GW und DF7IT, beide OV Weinheim, für die Bereitstellung der Internetanbindung.
Als nach einem knapp vierstündigen Flug der Ballon um 15:05 MESZ in unmittelbarer Nähe des Autobahnkreuzes A6/A7 landete, war die Ballonhülle noch immer intakt. Die Nutzlast hatte sich jedoch in einem Maisfeld in JN59CF verfangen und hinderte den Ballon daran weiterzugleiten.
Als erste vor Ort war Toni, DF8UZ. Er barg die Nutzlast und übergab sie den wenig später eintreffenden OV-eigenen Jägerteams. Die Nutzlast ist unbeschadet gelandet. Lediglich die Antenne des 70cm-Senders ist abgerissen.
Trotz des langsamen Abstiegs kann die Mission als Erfolg gewertet werden. Zumal gerade die nicht geplatzte Ballonhülle deutlich zur Spannung bei den Zuschauern und allen Beteiligten beigetragen hat.
Die Auswertung der mitgeschriebenen Log-Daten hat in der Zwischenzeit begonnen. Die Ergebnisse werden in den nächsten Tagen in der Rubrik ‚Ballonprojekt‘ veröffentlicht werden. Das Ballonteam freut sich über Empfangsrapporte und besonders über mitgeschriebene Log-Daten und SSTV-Bilder per E-Mail an rapporte@ballonprojekt.de. Alle Einsender erhalten eine Sonder-QSL-Karte.
Bereits fest steht, dass die Echolink-Übertragung und der neue Live-Blog im Internet ein großer Erfolg gewesen sind. Die Besucherzahlen haben in beiden Fällen alle Erwartungen übertroffen. Und auch der Wettbewerb mit der Vorhersage des Landeorts des OV Weinheim hat für Spannung gesorgt.
Abschließend bedankt sich die gesamte Balloncrew ganz herzlich bei allen, die das Projekt so tatkräftig unterstützt und dadurch erst ermöglicht haben. Im Besonderen beim Arbeitskreis Amateurfunk und Telekommunikation in der Schule e.V. (AATiS), den Initiatoren des Ballonprojekt, ohne die kein Start möglich gewesen wäre, sowie dem Team der UKW-Tagung Weinheim für die Unterstützung vor Ort und der Finanzierung des Gases.
Viele Impressionen vom Start- und Landeort, sowie die besten – zum Teil bislang unveröffentlichten – Aufnahmen der Ballon-Kamera und viele weiterführende Informationen finden Sie in der Rubrik ‚Ballonprojekt‘.